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Ludwig Uhland
Die drei Könige zu Heimsen
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Drei Könige zu Heimsen, wer hätt es je gedacht, |
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Mit Rittern und mit Rossen, in Herrlichkeit und Pracht! |
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Es sind die hohen Häupter der Schlegelbrüderschaft, |
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Sich Könige zu nennen, das gibt der Sache Kraft. |
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Da thronen sie beisammen und halten eifrig Rat, |
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Bedenken und besprechen gewalt'ge Waffentat: |
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Wie man den stolzen Greiner mit Kriegsheer überfällt |
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Und, besser als im Bade ihm jeden Schlich verstellt. |
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Wie man ihn dann verwahret und seine Burgen bricht, |
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Bis er von allem Zwange die Edeln ledig spricht. |
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Dann fahre wohl, Landfriede! dann, Lehndienst, gute Nacht! |
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Dann ist's der freie Ritter, der alle Welt verlacht. |
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Schon sank die Nacht hernieder, die Kön'ge sind zur Ruh, |
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Schon krähen jetzt die Hähne dem nahen Morgen zu, |
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Da schallt mit scharfem Stoße das Wächterhorn vom Turm, |
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Wohlauf, wohlauf, ihr Schläfer! das Horn verkündet Sturm. |
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In Nacht und Nebel draußen, da wogt es wie ein Meer |
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Und zieht von allen Seiten sich um das Städtlein her; |
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Verhaltne Männerstimmen, verworrner Gang und Drang, |
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Hufschlag und Rosseschnauben und dumpfer Waffenklang! |
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Und als das Frührot leuchtet, und als der Nebel sinkt, |
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Hei! wie es da von Speeren, von Morgensternen blinkt! |
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Des ganzen Gaues Bauern stehn um den Ort geschart, |
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Und mitten hält zu Rosse der alte Rauschebart. |
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Die Schlegler möchten schirmen das Städtlein und das Schloß, |
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Sie werfen von den Türmen mit Steinen und Geschoß. |
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»Nur sachte!« – ruft der Greiner, »euch wird das Bad geheizt, |
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Aufdampfen soll's und qualmen, daß euch's die Augen beizt!« |
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Rings um die alten Mauern ist Holz und Stroh gehäuft, |
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In dunkler Nacht geschichtet und wohl mit Teer geträuft, |
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Drein schießt man glühnde Pfeile: wie raschelt's da im Stroh! |
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Drein wirft man feur'ge Kränze: wie flackert's lichterloh! |
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Und noch von allen Enden wird Vorrat zugeführt, |
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Von all' den rüst'gen Bauern wird emsig nachgeschürt, |
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Bis höher, immer höher die Flamme leckt und schweift |
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Und schon mit lust'gem Prasseln der Türme Dach ergreift. |
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Ein Tor ist freigelassen, so hat's der Graf beliebt, |
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Dort hört man, wie der Riegel sich leise loseschiebt. |
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Dort stürzen wohl verzweifelnd die Schlegler jetzt heraus? |
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Nein! friedlich zieht's herüber, als wie ins Gotteshaus. |
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Voran drei Schlegelkön'ge, zu Fuß, demütiglich, |
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Mit unbedecktem Haupte, die Augen unter sich; |
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Dann viele Herrn und Knechte, gemachsam Mann für Mann, |
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Daß man sie alle zählen und wohl betrachten kann. |
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»Willkomm!«, so ruft der Greiner, »willkomm in meiner Haft! |
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Ich traf euch gut beisammen, geehrte Brüderschaft! |
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So konnt ich wieder dienen für den Besuch im Bad; |
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Nur einen miß ich, Freunde! den Wunnenstein, 's ist schad.« |
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Ein Bäuerlein, das treulich am Feuer mitgefacht, |
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Lehnt dort an seinem Spieße, nimmt alles wohl in acht: |
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»Drei Könige zu Heimsen«, so schmollt es, »das ist viel! |
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Erwischt man noch den vierten, so ist's ein Kartenspiel.« |