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Gottfried Keller
[Arm in Arm und Kron' an Krone steht der Eichenwald verschlungen]
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Arm in Arm und Kron' an Krone steht der Eichenwald verschlungen, |
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Heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen. |
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Fern am Rand fing eine junge Eiche an sich sacht zu wiegen, |
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Und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen; |
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5 |
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Kam es her in mächt'gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen, |
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Hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen. |
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Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften, |
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Und dazwischen knarrt' und dröhnt' es unten in den Wurzelgrüften. |
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Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine; |
10 |
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Donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine! |
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Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen; |
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Alles Laub war, weißlich schimmernd, starr nach Süden hingestrichen. |
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Also streicht die alte Geige Pan der Alte, laut und leise, |
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Unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise. |
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15 |
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In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder, |
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In den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder. |
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Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken, |
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Kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodieen trinken. |